Der 2CV 4x4 "Sahara" - Das einzige Serien-Auto mit zwei Motoren
Veröffentlicht am 28.7.2016 von D. Helmling Noch keine Kommentare
Dass ein Auto mit zwei Motoren weder schnell noch brachial sein muss, bewies in den 1960er Jahren die "Sahara-Ente". Nie zuvor und nie danach war ein Hersteller derart abgebrüht, gleich zwei Motoren mit Getriebe in ein Auto zu packen und das Ganze auch noch in Serie herzustellen.
Wer das Wort "Allrad" hört, denkt an den Vorsprung durch Technik aus Ingolstadt, maximal noch an die frühen 4x4-Subarus der 1980er. Doch ausgerechnet einer der krudesten Ableger von Citroens "Ente" brachte den Allradantrieb bereits in den 1960er Jahren nach Europa. Und das mit gleich zwei Motoren, zwei Getrieben, zwei Tanks und zwei Zündschlüsseln.
Allrad-Kraxler mit zwei Motoren
Vorgestellt wurde der Bimotor-2CV bereits im Jahr 1958. Das Auto war laut Legenden mit dem Hintergedanken konstruiert worden, im Fuhrpark der Explorations-Teams mitzumischen, die in den französisch-afrikanischen Kolonien nach Rohstoffen (allen voran Erdöl) suchten.

So gesehen wäre ein einzelner Serien-Boxer mit 425ccm³ wohl im Gelände zu schwachbrüstig gewesen. Mit den zwei Triebwerken brachte es die Über-Ente dann immerhin auf 2 x 16 PS (ab 1964, vorher 12 PS)
Die Konstruktion der "Sahara-Ente"
Passend zum Konzept des einfach konstruierten 2CV, bekam die "Sahara" kurzerhand einen zweiten Motor ins Gepäckabteil gepflanzt, der ohne Kardan-Verbindung nach vorne direkt und unabhängig die Hinterachse antrieb. Ohne Karosserie wird die simple Anordnung deutlich (und sieht schön Mad-Max-mäßig aus)
Das Gaspedal wirkte deshalb rein mechanisch gleichermaßen auf beide SOLEX-Einzelvergaser. Zudem wurden die Gasfabriken in ihrer Konstruktion so geändert, dass die Motoren selbst bei 40-prozentigen Steigungen (die das Auto selbst auf sandigem Untergrund locker schaffte) noch mit Kraftstoff versorgt wurden. Um die Geländegängigkeit zu erhöhen wurde der Rahmen an einigen Stellen verstärkt und mit stärkeren Schwingarmen versehen. Dazu kamen die belastbareren Radlager aus dem AMI-6 und kleinere Verbesserungen am Fahrwerk.
Optisch unterschied sich die Allrad-Ente von ihren Geschwistern vor allem durch das Ersatzrad auf der wellenlosen Haube, und den Einschnitt im Heckdeckel. Von hier aus wurde der Heckmotor mit kühlender Frischluft versorgt. Heute kosten alleine diese Hauben in brauchbaren Zustand ein kleines Vermögen. Selbst für verottete Teile sind oft hohe dreistellige Summen fällig. Gleiches gilt übrigens für die Beifahrertür, in die ein Loch für den zusätzlichen Tankstutzen eingelassen war.
Die beiden 15-Liter-Tanks gluckerten während der Fahrt unter den einfach Sitzen aus gebogenem Stahlrohr. Die Reichweite im Gelände war damit nicht berauschend, da sich der Verbrauch natürlich ebenfalls verdoppelt hatte. Zwischen 12 und 20 Liter verwandelt der 4x4 deshalb locker zu 60 Anteilen in Lärm und 40 Anteilen in Vortrieb um.

Das Handeling
Die Gewichtsversteilung gelang mit den zwei Motoren extrem ausgewogen. Da das Leergewicht aber mit 735 Kg entsprechend hoch ausfällt (normaler 2CV: 560 Kg), kommt die "Sahara" mit der Kraft eines Motors kaum über 70 Km/h hinaus. Der Fahrer kann den Heckmotor nämlich mit einem Zug von der hydraulischen Kupplung entkoppeln, dessen Pedal auf beide Aggregate wirkt. Somit wird der Allradler zum regulären Frontantrieb. Auch ein reiner Heckantrieb ist möglich.
Gestartet werden die Motoren mit zwei einzelnen Schlüsseln, sowie einem jeweiligen Startknopf. Falls einer nicht anspringen will, ist auch ein Anschleppen aus eigener Kraft kein Problem. Der hintere Motor ist übrigens aufgrund der hohen Geräuschkulisse beim Starten kaum zu hören, weshalb man sich auf die Lampe für die Zündung verlässt (Video oben).

Auf die obligatorische Revolver-Schaltung musste wegen den zwei Getrieben allerdings verzichtet werden. Die Gänge der beiden Getriebe werden ganz regulär über einen einzelnen Schaltknauf in der Mittelkonsole sortiert. Wenn beide Motoren in Betrieb sind, ist der 4x4 übrigens deutlich schneller als die Serien-Ente. Trotzdem ist bei einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 110 Km/h Schluss (viel weiter geht der Tacho ohnehin nicht).

Die Abnehmer
Natürlich war die "Sahara"-Version durch ihren hohen Preis kein Verkaufsschlager. Zu den doppelten Anschaffungskosten (gegenüber der normalen Ente) kamen die Nachteile des hohen Verbrauchs, des fehlenden Kofferraums und der komplizierteren Technik. Da die Konstruktion aber im Gelände enorm punkten konnte, fanden sich dennoch knapp 700 Käufer. Viele davon bei der Schweizer Post (als Zustellwagen) und der französischen Armee, einige auch in Südamerika. Nach 1962 wurde das Auto dann von "Sahara" in 2CV 4x4 umbenannt - Grund war die neue Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich.
Wer heute auf der Suche nach einem guten Exemplar ist, sollte keine Löcher in den Sparstrümpfen haben. Gute Exemplare werden für weit über 100.000 Euro angeboten. Selbst Restaurierungs-Objekte liegen noch weit über 50.000 Euro. Wer wichtige Brocken wie das hintere Getriebe oder die speziellen Karosserieteile braucht, muss sich auf eine lange Suche einstellen. Und wenn dann doch einmal ein Teil auftaucht, sind die geforderten Summen astronomisch. So ist die "Sahara-Ente" längst in festen Sammlerhänden und auf den Straßen kaum noch anzutreffen.