Oldtimer-Messe auf Bayerisch - So war die erste Retro Classics Bavaria
Veröffentlicht am 12.12.2016 von Dominik Noch keine Kommentare
Mit der "Retro Classics Bavaria" gibt es seit diesem Jahr eine neue Oldtimer-Messe in Nürnberg. Wir besuchten die Ausstellung und klärten zwei Fragen: Ist der Einstieg gelungen - und wer braucht diese Messe eigentlich?
Der Freitag ist noch recht jung, als wir uns in den Morgenstunden nach Nürnberg aufmachen, um der kleinen Schwester der Retro Classics Stuttgart einen Anstandsbesuch abzustatten. Mit der Veranstaltung hat die Oldtimer-Szene erstmalig einen neuen Anlaufpunkt zum Jahresende bekommen - der Standort Köln soll im nächsten Jahr zusätzlich folgen. Doch leidet unter dem Trend der Masse am Ende die Qualität der Ausstellungen?
Der Erste Eindruck
Bereits am Eingang hält sich der Andrang in Grenzen. Ganz ohne Warteschlangen flutschen wir an den Kartenabreißern vorbei ins Labyrinth der vier Großhallen.
Alle, die noch nie eine solche Messe besucht haben, können sich die Veranstaltung wie das exakte Gegenteil der Veterama vorstellen. Statt schmutzig-nasskalt-laut-Bier heißt es hier sauber-warm-leise-Capuccino. Trotzdem ist die Messe alles andere als langweilig. So hatte ein Oldtimer-Gutachter exakt jenen Cadillac im Gepäck, dessen Besitzer als Pechvogel des Jahres durch die sozialen Medien ging. Ihm war das frisch restaurierte Auto bei einem Unfall vom Hänger gefallen.
Als Stand-Diorama konnte der angeeckte Ami sogar effektvoll aus dem Kühlergrill dampfen. Das kettenrauchende Schockbild war allerdings nicht zu verkaufen. Der Fokus des Angebots der zahlreichen Händler lag hingegen definitiv bei Porsche. Die Preise waren normal ... - also gewohnt astronomisch.
Dieses unrestaurierte und stark patinierte Exemplar eines Porsche 356 T1 Cabriolet wollte mit 110.000 Euro bezahlt werden. Immerhin weiß der Käufer hier was auf ihn wartet. Um die Ecke wartete ein Coupé mit dickem Hammerschlag-Lack aus den 80er Jahren auf Interessenten - was sich wohl unter den ganzen Lackschichten verbirgt?
Interessanterweise waren es jedoch gerade die patinierten Originale, die die Aufmersamkeit des Publikums anzogen. Doch nicht nur Porsche-Enthusiasten kamen auf ihre Kosten: Neben zahlreichen Ferrari und anderen Italienern gab es auch zwei seltene Zagato sowie mit dem Fiat 1500 GT eine extrem seltene Sonderkarosserie von Frua zu sehen.
Auch wenn der Innenraum des Autos mit den wuchtigen Sitzen mit Steppnaht Fragen aufwirft. Was für's Herz gab es ums Eck: Hier stand ein schön Patinierter Alfa Romeo GTA mit rarem Schmalkopf.
Außerdem interessant: Ferraris, die in bester Fähnchen-Händler-Manier zum "Super-Preis" veräußert wurden - bestimmt waren die Fußmatten sogar inklusive.
Derart angefixt gönnten auch wir uns einen hochpreisigen Italiener: Für je sieben Euro landet eine halbe schlabbrige Messepizza in unseren Mägen, wo die Kraft ihrer Kohlenhydrate für genügend Vorschub sorgt, um unsere trägen Massen durch die verbleibenden Hallen zu bewegen.
Hier konnte man dann sehen, was man in den Tiefgaragen von Maspalomas so findet - nämlich nicht etwa Unzucht treibende deutsche Rentner, sondern froschgrüne Porsche.
Eine Halle weiter stehen die Oldtimer, die das Auktionshaus Classicbid am Folgetag versteigern wird - für die eigentliche Auktion sind wir leider zu früh dran. Bevor die Gebote fliegen können Interessenten hier die Fahrzeuge inspizieren. Daneben präsentieren sich auch hier Händler und Experten, wie das Autohaus Macht. Die Profis für japanische Old- und Youngtimer haben auch einige coole Exoten mitgebracht - darunter ein Mitsubishi Galant, Celeste und Colt.
Die letzte Halle bot als obligatorische Flohmarkt und Ersatzteil-Halle für alle Winterschrauber die Möglichkeit, seine Werkstatt mit eventuell fehlendem Werkzeug, Nippes oder Kleinkram einzudecken.
Fazit zur Retro Classics Bavaria
Bravo-Leser wissen: Das erste Mal ist stets schwierig, die Retro Classics Bavaria hat ihre Jungfräulichkeit aber souverän verloren. Das Angebot ist interessant, vielschichtig und die rund 200 Kilometer lange Anreise war gerechtfertigt.
Da die Messe aber nicht allzu groß ist, "lohnt" ein Besuch nicht für jeden. Wer aber im süddeutschen Einzugsbereich wohnt, hat mit der "Bavaria" eine nette vorweihnachtliche Ablenkung vor der Tür. Für die Aussteller bleibt indes zu hoffen, dass die Masse an Oldtimer-Messen nicht irgendwann zu viel wird. Auch große Händler werden es wohl kaum schaffen, alle vier großen Veranstaltungen zu bespielen. Doch da es im Zuge des Oldtimer-Booms auch immer mehr Anbieter und Firmen gibt, könnte dieses Problem lösbar sein.