Verschwunden und abgetaucht - Der Schatz vom Königssee
Veröffentlicht am 9.11.2015 von LexiCar Noch keine Kommentare
Was 1997 am bayerischen Königssee geschah, erinnert ein bisschen an James Camerons spektakuläre Entdeckung des Wracks der Titanic, auch wenn es in diesem Fall nur um einen wesentlich kleineren VW Käfer ging: Im Scheinwerferlicht des U-Boots von Meeresbiologe Professor Hans Fricke tauchte plötzlich jener versunkene Ovali auf, der seit dem 28. Januar 1964 im Königssee verschollen war und um den sich bis heute Legenden ranken.
Die Entdeckung des alten VW liegt mittlerweile schon fast 20 Jahre zurück, dennoch haben seitdem wohl keine menschlichen Augen mehr auf das gut erhaltene Wrack geblickt. Grund dafür ist die enorme Tiefe des Königssees an dieser Stelle – rund 130 Meter unter der Wasseroberfläche liegt der Käfer einfach viel zu tief für Taucher und Hobby-Forscher.
Wieso liegt der Käfer am Grund des Königssees?
Eine tragische Geschichte ist Grund für den ungewöhnlichen Dauerparkplatz des Käfers: Der malerische Bergsee wird in besonders kalten Wintern von einer dicken Eisschicht überzogen. Da dann keine Schiffe mehr verkehren können, wird der See für Fußgänger freigegeben, wenn die Eisdecke dafür dick genug ist. Anfang des 20. Jahrhunderts war er sogar einige Male für Kraftfahrzeuge befahrbar.
Allerdings nicht im Januar 1964: Hier versuchte ein 52-jähriger Autofahrer über den See zur Wallfahrtskapelle St. Bartolomä am Westufer zu kommen (einige Quellen berichten, die Lebensgefährtin habe im nahen Gasthaus gekellnert). Jedoch verwehrte ihm der Nachtwächter die Überfahrt über die gesperrte Eisroute. Doch der ortskundige Mann machte kehrt und fuhr an einer anderen Stelle aufs Eis und erreichte offenbar sogar sein Ziel. Bei der Rückfahrt jedoch verirrte sich der Fahrer immer weiter auf die Westseite des Sees, die nicht vom Eis bedeckt wurde. Da im Polizeibericht davon die Rede ist, dass keine Bremsspuren gefunden wurden, lässt sich vermuten, dass der Käfer in voller Fahrt ins eiskalte Wasser fuhr und sofort versank. Für den Fahrer wäre vermutlich jede Hilfe zu spät gekommen, allerdings wurden die Spuren des Unfalls erst am nächsten Tag gefunden.
Die Entdeckung des Wracks
Ganze 33 Jahre später untersuchte der Biologe Prof. Hans Fricke den Grund des Sees mit seinem Tauchboot, das eine Tiefe von über 100 Meter erreichen konnte. Dabei wollte der Forscher auch der Geschichte des versunkenen VWs sprichwörtlich „auf den Grund gehen“. Mithilfe des alten Polizeiberichts fand er die Unfallstelle und schließlich auch das Fahrzeug, das sich in einem bemerkenswert guten Zustand befand. Grund hierfür ist die Lage des Autos: In einer Tiefe von mehr als 100 Metern enthält das Wasser kaum noch Sauerstoff. Dies sorgte dafür, dass sogar die Chromzierleisten teilweise noch ihren Glanz besaßen. Als zeitgenössisches Zubehör sind Türgriffschalen und Steinschlagecken an den hinteren Kotflügeln zu erkennen. Vorne scheinen Blinker nachgerüstet worden zu sein, die originalen Winker befinden sich aber auch noch an der Karosserie. Bei der Untersuchung wurde die hintere Scheibe eingedrückt, um einen besseren Blick auf den Innenraum zu bekommen. Die Fahrertür war wohl seit Jahrzehnten leicht geöffnet und selbst das originale Nummernschild war damals noch gut lesbar.
Damals wurde eigentlich geplant, den Ovali zu bergen. Doch man entschied sich letztendlich aus mehreren Gründen gegen eine Bergung. Einerseits weil das Wrack durch die Tiefe sehr schlecht zugänglich ist, andererseits, weil sich die Familie des Fahrers dazu entschied, die letzte Ruhestätte ihres Verwandten so zu belassen.
So ist der Königssee sowohl um eine Legende, als auch einen automobilen Schatz bereichert, den wohl niemals jemand bergen wird. Damit bleibt es nur der Phantasie, sich auszumalen, wie es wohl heute am Grund des Gewässers aussehen mag.