Stammtischwissen: Was sind die Vor- und Nachteile des Reihenmotors?
Veröffentlicht am 11.7.2017 von Dominik Noch keine Kommentare
Der Otto-Motor hat viele Gesichter - doch welche Motoren-Arten gibt es eigentlich bei PKW? In unserer kleinen Motorenkunde beleuchten wir die verschiedenen Motor-Konzepte. Dieses Mal beleuchten wir die Vorteile und Nachteile des Reihenmotors.
In den letzten 100 Jahren haben findige Ingenieure den Benzinmotor in viele Richtungen weiterentwickelt. Bis heute am meisten gebaut ist dabei der Reihenmotor, bei dem die Zylinder in einer geraden Reihe hintereinander stehen. Reihenmotoren gab und gibt es als Antriebe für PKW mit 3, 4, 5, 6, oder sogar 8 Zylindern.
Reihenmotor als erste Wahl
Der größte Anteil an PKW auf unseren Straßen ist mit einem 4-Zylinder Reihenmotor ausgestattet. Wieso ist das so?
Durch die kompakte Form passt ein R4-Motor in fast jeden Motorraum - einzig die Bauhöhe bei OHC-Motoren mit Nockenwelle über den Ventilen sorgt dafür, dass die Triebwerke in manchen Fällen geneigt eingebaut werden müssen (z.B. VW Golf II). Aufgrund der geraden Zylinderzahl lässt sich durch die gegenläufig angebrachten Kolben außerdem mit günstigen Mitteln und wenigen Bauteilen ein laufruhiger (wenige bewegte Teile) und langlebiger Motor herstellen.
Da sich die Kolben mit ihren Kräften im Lauf gegenseitig ausgleichen, sind die Zündfolgen 1-2-4-3 (Bild), oder 1-3-4-2 gängig.
Günstige Fertigungskosten
Wo ein V-Motor einen wesentlich größeren Block, sowie je zwei Köpfe und Nockenwellen benötigt, kommt der einfache Reihenmotor mit nur einem Exemplar von jeder Sorte aus - das senkt die Fertigungskosten damals wie heute enorm.
Auch die Führung der Abgas-Krümmer wird bei dieser Bauart vereinfacht, da alle Rohre parallel in die selbe Richtung abzweigen und durch den schmalen Zylinderkopf noch viel Platz für die Abgasführung übrig bleibt. Deshalb setzte auch bereits Henry Ford mit seinem Model T auf einen günstigen und einfach konstruierten Reihen-Vierzylinder.
Verschiedene Charakteristika
Aber Vierzylinder ist nicht gleich Vierzylinder! Wie bei allen anderen Motoren auch, kann der R4 durch Änderungen in der Verdichtung, des Kolbenhubs, der Ventilsteuerung, oder mit einem Turbolader eine völlig andere Charakteristik erfahren - vom sparsamen Langhuber bis hin zur aggressiven Drehorgel, oder vom müden aber treuen Vorkammer-Diesel bis hin zum Drehmomentstarken TDI. Dem Reihenmotor lässt sich also, abgesehen von der Laufruhe bei geraden Zylinderzahlen, keine bestimmte Eigenschaft im Zusammenhang mit der Leistungsentfaltung zusprechen.
Luftgekühlte Reinhenmotoren
Neben wassergekühlten Reihenmotoren gibt es gerade bei Oldtimern und Motorrädern auch noch einige luftgekühlte Varianten. Dazu zählt der Parallel-Twin des Trabis genau so, wie die luftgekühlten Vier- und Sechszylinder der japanischen Big Bikes seit den 1970er Jahren.
Obwohl es bei Motorrädern auch luftgekühlte längs eingebaute Triebwerke gab (s. Bild), setzte sich aufgrund des Kühlungsproblems der hinteren Zylinder schnell der quer eingebaute Reihenmotor durch. Dieser lieferte je nach Auslegung massig Leistung und ließ sich platzsparend und so strömungsgünstig verbauen, dass die einzelnen Zylinder auch ohne Wasserkühlung keine Hitzeprobleme bekamen.
Auch bei PKW wird der Reihenmotor oft quer verbaut. Allerdings ist gerade bei den wassergekühlten Triebwerken nicht die bessere Belüftung die Ursache, sondern schlicht der Platzgewinn im Innenraum. Durch quer eingebaute Motoren in Kombination mit Frontantrieb ließen sich nämlich gerade bei Kleinwagen mit kurzem Vorderwagen wesentlich größere Innenräume realisieren. Ein populäres Beispiel ist der MINI, dessen Vierzylinder extrem platzsparend quer in den winzigen Vorderwagen gebaut ist.
Zusätzlich liegt das Getriebe unterhalb des Motors und nicht direkt dahinter. Der Tunnel für die Kardanwelle entfällt durch den Frontantrieb ebenso. So erhalten Fahrer und Beifahrer wesentlich mehr Beinfreiheit.
Besondere Reihen-Motoren
Eine konstruktiv besonders ausgefeilte Variante ist der Sechszylinder-Reihenmotor. Hier gleichen sich die Massekräfte erster und zweiter Ordnung durch die Bauweise besonders gut aus. Dadurch laufen diese Motoren besonders ruhig. Lange wurde deshalb bei deutschen Autobauern, z.B. bei Mercedes (300SE) und BMW (325i) in der Oberklasse und oberen Mittelklasse auf diese Bauart gesetzt.
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Für ihren relativ rauen Lauf sind hingegen Fünfzylinder-Reihenmotoren bekannt, die vor allem durch den Hersteller Audi (und als Diesel auch schon früh bei Mercedes) bekannt wurden. Der erste Benzin-Fünfzylinder feierte 1976 im Audi 100 GL 5E sein Debüt.
Es handelte sich um einen verlängerten VW (EA827) Motor mit 2.1 Litern Hubraum. Konstruiert wurde das Triebwerk, um den Audi 100 gegenüber den Vierzylindern abzugrenzen und in der oberen Mittelklasse zu positionieren. Ein Sechszylinder wäre im ohnehin recht kopflastigen 100er einfach zu schwer geworden.
Foto: Audi AG
Im Sport-Quattro kamen die legendärenAggregate seit 1983 zum Einsatz - später sogar im Topmodell Audi 200. Durch die Zündfolge 1-2-4-5-3 hatten die Triebwerke einen besonders kernigen und sehr eigenen Klang.
Foto: Audi AG
Fazit:
Der Reihenmotor ist ein solides Motor-Konzept mit günstigen Herstellungskosten und verschiedensten Ausprägungen. Seine Vorteile sind die wenigen bewegten Bauteile und die kompakten Ausmaße, weshalb er schon seit über 100 Jahren in Fahrzeugen eingesetzt wird.