Mittelklasse-Methusalem – Der Audi 80 ist auch ohne Pflege ein echter Dauerläufer
Veröffentlicht am 26.1.2016 von LexiCar 1 Kommentar
Obwohl die ersten Modelle bereits drei Jahrzehnte auf dem Buckel haben, fällt der Audi 80 B3 im Straßenverkehr heute kaum auf. Der Anfang von Audis Aufstieg in die Oberklasse wird heute vor allem von Rentnern und Führerschein-Neulingen geschätzt, die den unzerstörbaren Audi von den Großeltern geerbt haben. Wir blicken zurück auf 30 Jahre Zink, Aerodynamik und Procon ten.
Im Jahr 1986 löste der Audi 80 B3 den Vorgänger B2 ab. Optisch kam der B3 mit seinem neuem „Aero-Design“ deutlich geglättet daher. Durch seine Rundungen wirkte die Karosserie gefällig, zeitgeistig-90er-jahre-mäßig und erreichte einen CW-Wert von 0,29. Hiermit schlug er selbst den altehrwürdigen CW-Weltmeister und großen Bruder Typ 44.
Passend zur Tschernobyl-Katastrophe 1986 war der neue Audi 80 „built to resist“ und somit die unsterbliche Kakerlake im Straßenverkehr. Wobei die Gleichsetzung mit dem strahlenresistenten Ungeziefer dem B3 Unrecht tut: Das Auto war innen und außen geschmackvoll und dezent, wirkte aber nie billig. Nicht von Ungefähr wurde dem B3 1986 sogar das Goldene Lenkrad verliehen. Im Innenraum gab es feine Stoffe, gedeckte Farbtöne und Kunststoffe, deren Haptik man sich heute noch oft in moderne Autos zurückwünscht. Dabei spreche ich aus Erfahrung, da der Audi 80 eines meiner ersten eigenen Fahrzeuge war – und ich möchte mich an dieser Stelle als Fan outen.
Audi 80 – Sicherheit und Langlebigkeit
Mit der neuen Generation der Mittelklasse-Audis setzten die Ingolstädter auf die Tugenden der guten Verarbeitung. Alle Bauteile des B3 sind auf lange Lebensdauer und gute Reparatureigenschaften ausgelegt. Obwohl mein weinroter B3 (Comfort-Edition) von 1991 zum Beispiel nie in der Garage stand, hielt der erste Auspuff unglaubliche 20 Jahre (der zweite gab schon nach vier Jahren nach, kostete damals ab Kat mit allen Töpfen auch nur 90 Euro). Die Karosserie selbst widersteht dem Rost durch die schützende Schicht der Vollverzinkung meist viele Jahre – Audi selbst gab damals ganze zehn Jahre Garantie gegen Durchrostungen. Selbst nach Jahrzehnten als Laternenparker stehen die meisten Audi 80 auch heute noch gut im Saft, lediglich Radläufe und Kotflügel, sowie die Motorhaube sind durch Steinschläge gefährdet.
Laternenparker - Die Karosserie des Audi 80 gilt als robust.
Als relativ neues Sicherheits-Feature verfügen viele Modelle über das Procon ten-System, das bereits im Audi 100 zum Einsatz kam. Procon ten steht für programmed contraction und tension und sollte damals die Alternative zum Airbag werden. Wer ein Kind der 80er Jahre ist, erinnert sich vielleicht noch an die TV-Werbung (s. Video) mit der Streichholzschachtel, anhand derer die Wirkungsweise verdeutlicht werden sollte.
Das Prinzip war dabei ganz einfach: Hinter den Motorblock wurden Metallseile aus Nirosta-Stahl gelegt, die über Umlenkrollen an der Lenksäule, sowie den Gurtstraffern angebracht wurden. Wenn nun der Motor bei einem Frontalaufprall in die Fahrgastzelle gedrückt wurde, spannten sich die Seile über der Lenksäule und das Lenkrad wurde 150mm nach vorne weggedrückt und versank im Armaturenbrett. Jedoch gab es auch Nachteile: In ungünstigen Fällen konnte das Lenkrad mit voller Wucht gegen die Knie des Fahrers schlagen. Außerdem konnten die Seile die B-Säulen auch bei kleineren Unfällen verbiegen, was für einen Totalschaden sorgte. Auf Druck der Versicherungen wurde das System bald durch Airbags und Sicherheits-Lenksäulen ersetzt.
Robuste Motoren
Der Audi 80 war, zusammen mit seinen beiden Geschwistern Audi 90 und Audi Coupé, mit einer Vielzahl von Motoren zu haben. Im Anfangsjahr 1986 gab es den B3 in der kleinsten Variante mit dem heute beinahe ausgestorbenen 1.4 Liter Benziner mit spaßbefreiten 65 PS. Neben der Spar-Ausgabe gab es noch die 1.6, 1.8, 1.9 und 2.0 Liter Varianten. Das heißeste Eisen war dabei der 2.0 mit 16 Ventilen und Einspritzanlage, der es auf 137 PS brachte. Der legendäre Fünfzylinder ist zunächst nur in Coupé und Audi 90 zu haben. Dafür gibt es nach dem Facelift 1991 auch einen dicken Sechsender: der 2.8 E aus dem großen Bruder Audi 100 werkelt dann auf Wunsch auch im 80 - allerdings extrem selten.
Dem ollen Wirbelkammer-Diesel mit 54 PS machte ab 1988 ein Turbolader Beine. Doch vom 80 PS starken 1.6 TD und D gibt es heute kaum noch eine Handvoll überlebende. Die meisten gaben sich klassentypisch mit den 1.8 Liter Motoren zufrieden, von denen heute die Einspritz-Variante die beste Wahl ist. Das Aggregat zeigt sich mit Vergaser wenig temperamentvoll und eher durchzugsschwach, läuft jedoch stoisch und zuverlässig. Sparsam kann ein Audi 80 ohnehin bewegt werden – bei moderatem Gasfuß und Autobahn-Geschwindigkeiten unter 130 Km/h kann man den B3 mit 7-8 Litern Normalbenzin fahren.
Bei Öl gibt sich der Ingolstädter allerdings durstiger: Wie bei vielen Audis dieser Baujahre sind oft 1-2 Liter Schmierstoff pro 1000 Kilometer nachzufüllen. Aus eigener Erfahrung mit Audi 80 und 100 kann ich bestätigen, dass der hohe Ölverbrauch zwar nervig, jedoch kein Grund zur Sorge ist – die Motoren laufen quasi ewig. Bis auf die 1.6 und 1.4 Liter Triebwerke, sowie die Diesel, waren alle Modelle auch mit Allradantrieb zu haben. Dieser bewährt sich im Audi 80 vor allem im Winter und macht ihn zum perfekten Begleiter bei Eis und Schnee.

Kaufberatung zum Audi 80 B3
Der B3, sowie der Nachfolger B4, sind die eierlegenden Wollmilchsäue unter den Gebrauchtwagen. Schon im Bereich zwischen 1000 und 2000 Euro gibt es brauchbare Fahrzeuge mit gültiger HU. Richtige Schwachstellen gibt es kaum, weswegen beim Kauf vor allem jene Punkte geprüft werden sollten, die bei 20-30 Jahre alten Automobilen immer getestet werden müssen. Zu den neuralgischen Punkten gehören das Zündschloss, sowie die Zentralverriegelung. Ersteres wird mit der Zeit hakelig, letztere kann undicht werden und nicht mehr schließen. Karosserieseitig sind vor allem Scheibenrahmen, Türunterkanten und Kotflügel im Steinschlag-Bereich auf Rost hin zu untersuchen. Auch kann es passieren, dass der Schweller im Bereich der Wagenheber-Aufnahmen rostet, wenn dieser nicht richtig angesetzt wurde und so die schützende Zinkschicht zerstört hat.
Auch so können verzinkte Türen und Kotflügel aussehen!
Fahrwerkstechnisch sind oft die Querlenkerbuchsen zu erneuern. Im Kofferraum sollte nach Feuchtigkeit gesucht werden, da hier oft der Dichtungsgummi des Heckdeckels, sowie die Gummis der Rückleuchten undicht werden. Bei Motor und Getriebe sollten Interessenten von Einspritzern nach Fahrzeugen suchen, die keine langen Standzeiten hinter sich haben. Die Bosch K-Jetronic rastet nämlich nicht gern.

Wer dies beachtet, bekommt für schmales Geld einen Oldtimer mit echten Alltagsqualitäten. Der Audi 80 B3 wurde 1991 von seinem Nachfolger B4 abgelöst. Wichtigste Neuerungen waren dabei ein geänderter Frontgrill, sowie erstmals eine Kombi-Version. Durch die neukunstrierte Hinterachse konnte man aber auch in der Limousine deutlich mehr Sperrgut zuladen. Der Tank konnte nun nämlich unterflurig verbaut werden und machte Platz für umklappbare Lehnen der Rückbank. Beim B3 gab es an dieser Stelle nur einen Skisack. 1994 wird die Baureihe 80 dann endgültig durch den Audi A4 abgelöst.
Vorgänger und Nachfolger: Audi 80 B2 und Audi A4
Weitere Informationen zum Audi 80 B3
Bauzeit: | 1986-1991 |
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Stückzahl: | 1.297.816 |
Motoren: | Benzin: 1.4 - 2.0 Liter (48-101kW); Diesel: 1.6 - 1.9 Liter(37-59kW) |
Gewicht: | 1025-1270 Kg |
Fotos: By Niels de Wit from Lunteren, The Netherlands - 1989 Audi 80, CC BY 2.0 / By KobraD at German Wikipedia - Transferred from de.wikipedia to Commons / „Audi A4 front 20080326“ von Rudolf Stricker - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons