Die geheimen Schönheiten aus Frankreich - Bildband „Sleeping Beauties“
Veröffentlicht am 25.2.2016 von LexiCar Noch keine Kommentare
Wie im Märchen dämmerten in den 80er Jahren mehr als 50 Klassiker hinter den massiven Eisentoren eines verfallenen Landguts in Frankreich. Im Laufe der Jahre ließ der Besitzer nur wenige fremde Augen an seine „Sammlung“ heran – fotografieren war strengstens untersagt. Erst Fotograf Herbert Hesselmann bekam nach einigen Gesprächen die Erlaubnis zum Ablichten der verwilderten Klassiker – Unter der Auflage, dass der Ort der Sammlung absolut geheim bleibt. Nun ist eine neue Auflage des Bildbandes erschienen.
Mit dem Buch „Sleeping Beauties“ erlebt einer der bekanntesten Bildbände der Oldtimer-Szene eine Neuauflage. Das inzwischen vergriffene Original „Schlafende Schönheiten“ wurde hierfür leicht bearbeitet und modernisiert. Von ihrer Faszination haben die Bilder jedoch bis heute nichts verloren.
Oldtimer wurden eins mit der Natur
Die Geschichte spielte sich in etwa so ab: Ein Freund von Herber Hesselmann kaufte Anfang der 80er Jahre ein Landhaus in der französischen Provinz. Durch Zufall entdeckt er, dass ein Nachbar auf einem angrenzenden und völlig verwilderten Grundstück Dutzende Oldtimer gelagert hat. Die Fahrzeuge sind im Laufe der Jahrzehnte unter Büschen, Bäumen und Unkraut verschwunden, die sich die Luxus-Wagen von einst Stück für Stück zurückgeholt haben. Manche der Klassiker sind mit Planen abgedeckt, andere warten unter Bäumen oder Efeuzweigen auf ihr zweites Leben. Einige können nur noch als Ersatzteillager dienen.
Neben einer bröckeligen Wand wartete dieser Ferrari 250 GTE - Abgedeckt zwar, aber mit reichlich Grüspan. Nur 950 Exemplare des Modells mit Pininfarina-Karosserie wurden gebaut. (r.) Jaguar E-Type und die Äste des Baums verschmelzen.
Von den Gebäuden und Autos beeindruckt ruft der Finder seinen Freund Herbert Hesselmann an. Bei ein paar gemeinsamen Flaschen Wein können sie den Eigentümer und Weinliebhaber überzeugen, dass Hesselmann die Autos Fotografieren darf. Die einzige Bedingung bleibt: Es werden keine Namen genannt und der Standort der Fahrzeuge bleibt top secret.
Schon beim ersten Betreten des Geländes ist der Fotograf verzaubert: Hinter den massiven Eisentoren duckt sich ein Alfa Romeo 6C 2500 Villa d’Este unter einem Baum. Im hohen Gras verschwindet ein Bentley MK VI Saloon und über Scheunen und Wiesen verstreut finden sich weitere Ferraris, Cord und Bugatti und vieles mehr. Die meisten wurden seit Jahren nicht bewegt, wovon dicke Staubschichten und die unzähligen Arme der Pflanzen und Gräser zeugen, die gierig nach den alten Karossen greifen. Die einzigen Passagiere der Autos sind Hühner, die es sich teilweise auf den Sitzen bequem gemacht haben.
Auf vielen Doppelseiten zeigt der Bildband die beeindruckenden Dioramen und versetzt den Betrachter direkt ins Jahr 1983 zurück.
Über die Frage, woher die Autos stammten, hüllte sich der Besitzer größtenteils in Schweigen. Er habe sie teilweise gefunden, manchmal gekauft und in selteneren Fällen damals von den Besitzern als Schrottautos geschenkt bekommen. Ebenfalls nicht entlocken lassen wollte er sich, woher der Alfa Romeo 6c stammte, der in einer Halle verstaubte. Das Coupé war exakt jenes, mit dem der Argentinier Juan Manuel Fangio 1950 bei der Mille Miglia den dritten Platz belegte.
Ein paar Autos standen im Trockenen. Die Bugattis dürften die wertvollsten Posten der sammlung gewesen sein.
Nach der Veröffentlichung der Bilder
Nachdem die Fotos des verwunschenen Orts veröffentlicht waren, ging ein regelrechter Medien-Sturm los. Jeder wollte wissen, wo sich die schlafenden Schönheiten befanden und boten hohe Provisionen als Finderlohn an. Obwohl Hesselmann den Eigner nur mit dem Synonym „Pierre“ bezeichnet hatte und dem Anwesen den Fantasienamen „Manoir de Rampart“ gegeben hatte, fanden Reporter heraus, in welchem Dorf sich die Sammlung befand.
Von Medienvertretern belagert und Teiledieben heimgesucht, verlud der Besitzer, der sich als der in Frankreich bekannte Weinkritiker Michel Dovaz herausstellte, seine Fahrzeuge auf mehrere Trailer und ließ sie an einen weiteren unbekannten Ort bringen. Später gelangten einige Fahrzeuge in ein privates Museum in der Nähe der südfranzösischen Stadt Pomport, später wurde die Sammlung weiter zerstreut - doch das ist eine andere Geschichte.
Im Jahr 1986 räumte der Besitzer sein Gelände mit einem Traktor. Teilweise waren die Autos stark eingewachsen (r.).
So zeugen heute nur noch die Bilder von der einzigartigen Atmosphäre, die diesem Ort innegewohnt haben muss. Wer die Geschichten im Prolog des Bildbandes liest, kann die Gefühle des Fotografen anhand dieser vergessenen Millionenwerte sicher gut verstehen. So kann man sich mit „Sleeping Beauties“ auf eine Reise in ein verschwundenes automobiles Atlantis begeben, das es so sicher kein zweites Mal gibt.
Vom seltenen Alfa Romeo 6c 2500 entstanden seinerzeit nur 300 Stück.
Das Buch ist im Verlag Monsenstein und Vannerdat erschienen. Es kann über die Website des Verlags bezogen werden und kostet 35,- Euro.
Sleeping Beauties – Schlafende Schönheiten
Herbert W. Hesselmann/Halwart Schrader
gebundene Ausgabe 2013
180 Seiten
135 Abbildungen
ISBN 978-3-942153-16-4
28,6 x 24,3 x 2 cm
http://www.monsenstein-und-vannerdat.de/hesselmann_herbert_52.html