20 Jahre ESP – Ein fortschrittliches Sicherheitsfeature wird zum Youngtimer
Veröffentlicht am 7.5.2015 von LexiCar 1 Kommentar
Bereits 20 Lenze hat das elektronische Stabilitätssystem seit März diesen Jahres auf dem Buckel. Doch der Siegeszug der gelben Cockpit-Leuchte mit den drei Buchstaben ist wohl auf immer mit einem ganz bestimmten Vorfall verknüpft: Die umkippende A-Klasse beim Elchtest.
Rückblende: Im Herbst 1997 sind die ersten Exemplare der neuen A-Klasse gerade taufrisch von den Bändern gerollt. Vieles ist neu am kompakten Stuttgarter: Die Frontschürze fällt extrem flach ab. Deshalb ist der Motor nach vorne über die Antriebswellen geneigt. Diese leiten nach Jahrzehnten erstmals die Kraft nicht mehr an die Hinter-, sondern an die Vorderräder. Die Bodengruppe ist in Sandwichbauweise gefertigt und beinhaltet die Batterie, den Tank und die Auspuffanlage. So gewinnt der Innenraum deutlich an Platz und Sicherheit. Jedoch verlagert sich auch der Schwerpunkt weiter nach oben.
Zu weit, wie der schwedische Testfahrer Robert Collin am dritten Tag nach der Markteinführung feststellt. Da es in Schweden viele Unfälle mit Elchen gibt, werden Neuwagen dort einem sogenannten „Elchtest“ unterzogen. Hierbei wird ein Spurwechsel in spitzem Winkel, bei etwa 65 Km/h simuliert. Zu viel für die schmale A-Klasse – Sie legt sich nach kurzem Aufschaukeln auf die Seite und wird so vom Hoffnungsträger zum Treppenwitz.
Einsatz in der A-Klasse
Nach kurzem Zögern reagierte Mercedes mit umfassenden Maßnamen: Die Spur wird verbreitert, härtere Federn eingesetzt. Doch als großen Marketingfeldzug verbauten sie das ESP als elektronischen „Kippverhinderer“. (Als erheiternde Randnotiz sei hierbei bemerkt, dass noch nicht umgerüstete Fahrzeuge von Mercedes im badischen Kippenheim zwischengelagert wurden.)
Weil der kleine Stadtfloh das ESP serienmäßig bekam, wurde es wenig später auch bei teureren Modellen verbaut. Nur zwei Jahre später liefen bereits alle Baureihen mit der Stabilitätshilfe vom Band. Nun wuchs auch der Druck auf andere Hersteller, so dass sich das neue System schnell verbreitete. Seit kurzem ist der Einsatz in Neufahrzeugen sogar Pflicht. In diesem Punkt war die USA Vorreiter: Jährlich starben mehr als 4000 Menschen bei Unfällen, die durch ein schleuderndes Fahrzeug ausgelöst wurden. Um solche Unfälle zu verhindern, startete dort bereits 2008 die ESP-Pflicht.
Arbeitsweise des ESP
Doch wie arbeitet das System und weshalb ist es so wichtig? Herzstück des ESP ist ein zentraler Computer, der eine Vielzahl von Fahrzeugdaten erfasst. So nehmen Sensoren Drehbewegungen des Fahrzeugs sowie Querbeschleunigungen bei Kurvenfahrten wahr. Lenkwinkelsensoren überwachen zudem jede Lenkbewegung des Fahrers und vergleichen den Richtungswunsch mit der tatsächlichen Fahrtrichtung.
Alle Systeme werden etwa 150 Mal pro Sekunde abgeglichen. Bei Unstimmigkeiten bremst der Computer einzelne Räder ab oder drosselt die Motorleistung für kurze Zeit. So kann das elektronische Gehirn Über- und Untersteuerungsbewegungen sehr effektiv verhindern.
Entwicklung
Entwickelt wurde das ESP von Bosch für die S-Klasse der Baureihe C140. Wenig später wurde es auch im W140 und im SL-Roadster (R129) verbaut und kostete stattliche 2500 DM Aufpreis. Bis heute wurde das System mit dutzenden Funktionen erweitert: Servomotoren lenken im Gefahrenfall direkt mit und die zentralen Computer verfügen über ein vielfaches an Rechenleistung. Statistisch gesehen hat das ESP in Europa, nach Berechnungen von Unfallforschern, bereits mehreren Tausend Menschen das Leben gerettet. Deshalb sagen wir an dieser Stelle: Danke, ESP und Happy Birthday!
Fotos: Auto-Medienportal.Net/Daimler