125 Jahre Dieselmotor - Wie Rudolf Diesel das Auto revolutionierte und spurlos verschwand
Veröffentlicht am 22.2.2017 von Dominik Noch keine Kommentare
Vor genau 125 Jahren meldete Rudolf Diesel den von ihm entwickelten Selbstzünder-Motor zum Patent an - und läutete damit den Siegeszug des Triebwerks ein. Später verschwand der Ingenieur bei einer Schiffahrt auf mysteriöse Weise.
Noch bis in die 1990er Jahre hinein waren Diesel-Autos nur etwas für schmerzlose Pfennigfuchser. In unaufgeladenen Vorkammer-Zeiten konnten Kinder auf den Rücksitzen noch ungeniert Mikado spielen, während Papa das Gaspedal in den Fußraum stampfte. Die Reaktion des "Schüttelhubers" auf die Vollgas-Attacke waren bei Mercedes 200D und Co. lediglich ein noch lauteres Nageln und Prasseln, das den Rest der Karosserie meist herzlich wenig interessierte.
Heute ist der Diesel dank Turbolader und Direkteinspritzung absolut gesellschaftsfähig und sogar in Sportwagen, oder Luxus-Limousine ein oft gesehener - weil schweigsamer und durchzugsstarker Geselle - vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar. Bis dahin war es ein weiter Weg, wenn man bedenkt, dass das Patent schon 125 Jahre auf dem Kolben hat.
Anmeldung zum Patent
Der Ingenieur Rudolf Christian Karl Diesel legte seine "Neue rationelle Kraftwärmemaschine" am 27. Februar 1892 beim Kaiserlichen Patentamt vor. Allerdings nur als Idee. Bis der erste Diesel-Motor nageln durfte verging noch mehr als ein Jahr. Dabei war die zentrale Idee des Aggregats, dass das Gemisch nicht mit einer Zündkerze zur Explosion gebracht wurde, sondern durch den Kolben so stark verdichtet werden sollte, bis es sich aufgrund der hohen Temperatur durch den entstandenen Druck von selbst entzündete. Der Prototyp wog noch amtliche 4,5 Tonnen und lieferte 20 PS.

Der Siegeszug des Dieselmotors
Doch dieser erreichte schnell Serienreife: Noch im 19. Jahrhundert verbreitete sich der Diesel-Motor aufgrund seines hohen Wirkungsgrads, sowie Robustheit und Sparsamkeit schnell - vor allem bei schwerem Gerät, wie Schiffen, Lokomotiven und beim Militär. So entstanden im ersten Weltkrieg U-Boote, Panzer und Lastwagen mit großvolumigen Selbstzündern.
Der Diesel im Serien-Fahrzeugbau debütierte hingegen erst 1936 mit dem Mercedes 260D, einem 45-PS-Vierzylinder, der einst als LKW-Motor das Licht der Welt erblickte. Das Auto wurde aufgrund seiner Sparsamkeit als "Triumph der Wirtschaftlichkeit" gefeiert.

Auch danach blieb insbesondere Mercedes dem Selbstzünder treu. Heraus kamen nach dem erfolgreichen Diesel-Ponton Massentransportmittel, wie der selbstzündende /8 (W115) und in diesem Zuge mit dem 240D 3.0 der erste Fünfzylinder-Diesel der Welt.

Dabei sprang die Liebe zum sparsamen Ölmotor auch schon früh auf die Kunden über: in den 1970er Jahren wurde knapp die Hälfte aller /8-Limousinen mit Selbstzünder unter der Haube ausgeliefert. Und auch VW stattete den kompakten Powerseller Golf I ab 1975 mit 1.5-Liter-Diesel aus, der dadurch für seine Zeit gnadenlos sparsam wurde. Das übrige Geld konnte der geräuschbelastete Fahrer dann gleich beim Ohrenarzt wieder loswerden - denn das Laufgeräusch ging durch Mark und Bein.
Den größten Schub erhielt das Triebwerk schließlich mit der Einführung von Direkteinspritzung (Fiat Chroma 1987) und Turboladern. Mit Aufladung kam der geräuschgedämpfte Diesel dann mit der S-Klasse als Mercedes 300 SD (W126) 1977 sogar bis in die Oberklasse, von wo aus sein Siegeszug vorerst nicht mehr aufzuhalten war.

Der mysteriöse Tod von Rudolf Diesel
Das alles erlebte der Erfinder leider nicht mehr - er verschwand 1913 im Alter von 55 Jahren unter bis heute ungeklärten Umständen von einem Schiff. Während der Überfahrt von Belgien nach England mit dem Dampfer "Dresden" ging der Erfinder über Bord - doch warum?
Noch Tags zuvor sei der Erfinder Berichten zufolge beim Abendessen bester Laune gewesen. Doch am Morgen fand man nur das Gepäck, sowie das unbenutzte Nachthemd von Rudolf Diesel in seiner Kabine. Für die Behörden ist klar: Ein Unfall ist aufgrund der hohen Reling des Schiffes ausgeschlossen. Tage später fand ein weiteres Schiff einen auf dem Meer treibenden Leichnam. Aufgrund der eingesetzten Verwesung konnte die Indentität nicht geklärt werden. Allerdings wurden persönliche Gegenstände von Diesel geborgen. Den Toten selbst überließ man dem Wasser.
Die Spekulationen über das spurlose Verschwinden führen über Selbstmord (Diesel hatte zuletzt wegen Fehlinvestitionen und Patent-Streitigkeiten sogar Schulden) bis hin zur gezielten Beseitigung des Tüftlers durch Geheimagenten, die die Deutsche Aufrüstung im politisch angespannten Europa verhindern sollten.
Allerdings waren Diesel-Motoren zu diesem Zeitpunkt auch schon außerhalb Deutschlands verbreitet. Den wahren Grund, weshalb Diesel sterben musste, wird man wohl nie erfahren.
Wieso ist der Diesel- sparsamer als ein Benzin-Motor?
Der Grund dafür, dass ein Diesel in der Regel weniger Kraftstoff verbraucht als ein gleichwertiger Ottomotor liegt im Wirkungsgrad. Der ist bei Ersterem mit rund 45% etwas höher als beim Benzinmotor (37%). Dafür gibt es mehrere Gründe:
Zuerst ist der Dieselkraftstoff wegen des höheren Kohlenstoffanteils energiereicher als Benzin. (Dies ist auch der Grund, weshalb nach der Verbrennung hier mehr Rußpartikel ausgestoßen werden.) Zweitens ist die Verdichtung des Gemischs bauartbedingt wesentlich höher als beim Benziner. Dies bringt dem Diesel mehr Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen, wobei die Höchstdrehzahl physikalisch bedingt in der Regel bereits bei 5.500U/min anliegt. So kann der Selbstzünder mit einer wesentlich geringeren Drehzahl laufen als ein vergleichbarer Benziner. Als letztes sind Dieselmotoren durch die fehlenden Vergaser nicht auf Drosselklappen angewiesen, was die Leistung aufgrund der entfallenen Drosselverluste nochmals erhöht.

Wieso muss ein Dieselmotor vorglühen?
Anders als ein Benziner hat ein Dieselmotor keine Zündkerzen, sondern sogenannte "Glühkerzen" im Zylinder. Hierbei handelt es sich um ein elektrisches Heizelement. Glühkerzen werden beim Kaltstart des Motors gebraucht, da die Zylinderwände anfangs noch zu kalt sind, und sich das Gemisch deshalb nicht von selbst entzündet. So startet ein alter Wirbelkammer-Diesel erst bei einer Temperatur von etwa 30 Grad Celsius. Bei modernen Dieselmotoren wird zwar auch noch vorgeglüht, jedoch ist die Vorwärmzeit durch Hochleistungs-Glühkerzen von 20 Sekunden auf 1-2 Sekunden geschrumpft.
Foto: Von Tosaka - Author's original, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6368580